Leserbrief von Herrn Thalmann:

Katholische Schulen fördern Integration

Ein leider nicht mit Namen gekennzeichneter Artikel gibt mir Anlaß zur Stellungnahme. Der Autor unterstellt fälschlicherweise, die St.-Elisabeth-Schule Duderstadt weigere sich, ausländische Kinder aufzunehmen. Er wirft der katholischen Bekenntnisschule vor, sie lasse die benachbarte Janusz-Korczak-Schule mit der Ausländerproblematik allein.

Der Anteil ausländischer Kinder an der Janusz-Korczak-Schule ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Aus diesem Grunde hat die Stadt Duderstadt als Trägerin beider Schulen ein Gespräch mit den Schulleitern und Vertretern der katholischen Kirche geführt, um nach guten Lösungen zu suchen. Hieraus die Wahrnehmung "geistlicher Schulaufsicht" und einen offensichtlichen "Einfluß der Kirchen auf staatliche Grundschulen" abzuleiten, wie der Artikel vorgibt, erscheint geradezu als absurd.

Die St.-Elisabeth-Schule hat sich daraufhin bereit erklärt, im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten schon kurzfristig zum Schuljahr 1998/99 muslimische Schülerinnen und Schüler aufzunehmen, um die Janusz-Korczak-Schule zu entlasten.

Die Aufnahme von Kindern einer anderen Religion an einer konfessionellen Grundschule geschieht selbstverständlich unter der Maßgabe, die Identität der religiösen Minderheit zu respektieren und zu fördern. Von Unkenntnis zeugt daher der Vorwurf des Autors, der in diesem Zusammenhang von "geistiger Enge solcher streng katholischen Schulbildung" spricht.

Die Aufnahmemöglichkeiten für nicht-katholische Kinder an Grundschulen für Schülerinnen und Schüler katholischen Bekenntnisses sind durch das Niedersächsische Schulgesetz auf 15 % begrenzt. Nicht katholische Schulen verhindern Integration und Ökumene, sondern allenfalls die rechtlichen Vorgaben.

 

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Dieser Leserbrief geht nicht immer hinreichend genau mit den Aussagen des EuW-Berichts um. Der Autor des EuW-Beitrags, Götz Hütt, geht daher im Folgenden auf den Leserbrief von Herrn Thalmann ein:
 



Leserbrief von Herrn Franz Thalmann, Schulrat im Kirchendienst Anmerkungen dazu von Götz Hütt, Duderstadt
(
e-mail: gghuett@aol.com)
"Der Autor unterstellt fälschlicherweise, die St. Elisabeth-Schule, Duderstadt, weigere sich, ausländische Kinder aufzunehmen. 
   
 
Herr Thalmann hat nicht genau gelesen. In meinem Artikel wird dies an keiner Stelle behauptet. Vielmehr heißt es dort sachlich zutreffend: "So nahm die St.-Elisabeth-Schule bislang nur katholisch getaufte Kinder auf ... Im Herbst 1997 entschied sie sich, künftig auch nichtkatholische Kinder aufzunehmen... Gedacht war an eine begrenzte Aufnahme evangelischer, somit wieder nur deutscher Kinder... In Duderstadt begann nun eine öffentliche Diskussion ... [In dieser Diskussion] kündigten nach etlichem Hin und Her ... der Duderstädter Propst Damm und der Schulrat im Kirchendienst Thalmann in einem Gespräch mit dem "Eichsfelder Tageblatt" die Öffnung der doch staatlichen St.-Elisabeth-Schule auch für nichtkatholische ausländische Kinder an. ... Durch die erklärte Bereitschaft zur Aufnahme von jährlich höchstens zwei deutschen und vier ausländischen nichtkatholischen Kindern wäre zwar an der St.-Elisabeth-Schule der Anteil ausländischer Kinder je Einschulungsjahrgang auf 6 bis 10 % gestiegen, an der Janusz-Korczak-Grundschule aber nur auf 33 bis 58 % gesunken."
Er wirft der katholischen Bekenntnisschule vor, sie lasse die benachbarte Janusz-Korczak-Schule mit der Ausländerproblematik allein.
   
Zunächst einmal handelt es sich um die Darstellung der bestehenden Verhältnisse. Dass die katholische Bekenntnisschule die in einem Schulzentrum unmittelbar benachbarte Janusz-Korczak-Grundschule mit der Auländerproblematik allein läßt, ist zuallererst ein Faktum, welches ich freilich nicht nur festgestellt, sondern durchaus negativ bewertet habe.
Der Anteil ausländischer Kinder an der Janusz-Korczak-Grundschule ist in den vergangenen Jahren erheblich gestiegen. Aus diesem Grunde hat die Stadt Duderstadt als Trägerin beider Schulen ein Gespräch mit den Schulleitern und Vertretern der katholischen Kirche geführt, um nach guten Lösungen zu suchen. Ein solches Gespräch mit diesem Teilnehmerkreis hat es in Wahrheit nicht gegeben. Das Verfahren war anders. Alle Gespräche zur Suche nach einer Lösung (es waren mehrere) wurden ohne Beteiligung der Janusz-Korczak-Grundschule geführt. Deren Schulleiter wurde dann durch den Stadtdirektor und den Schulleiter der St.-Elisabeth-Schule über den ohne seine Mitwirkung gefundenen Lösungsvorschlag informiert, verbunden mit der nachdrücklich vorgetragenen Erwartung seiner Zustimmung. Einmal wurde ein Lösungsvorschlag auch zuerst über die Presse bekannt gegeben. Siehe oben! Da aber die "guten Lösungen" darauf hinausliefen, krasse Unterschiede zwischen beiden Schulen, also ungleiche Lernbedingungen für die Kinder beider Schulen festzuschreiben, konnte die erwartete Zustimmung natürlich nicht gegeben werden.
Hieraus die Wahrnehmung 'geistlicher Schulaufsicht' und einen offensichtlichen 'Einfluss der Kirchen auf staatliche Grundschulen' abzuleiten, wie der Artikel vorgibt, erscheint geradezu als absurd.
   
Wenn die katholische Kirche in Gesprächen an der Lösungssuche für Probleme staatlicher Grundschulen beteiligt wird, dann gibt es offensichtlich einen Einfluss dieser Kirche auf staatliche Grundschulen. Wenn dann auch noch der Propst und der Schulrat im Kirchendienst - und nicht die zuständige Schule, der zuständige Schulträger oder die zuständige Schulbehörde - das Gesprächsergebnis gemeinsam öffentlich bekanntgeben, nämlich unter welchen Bedingungen eine staatliche Konfessionsschule künftig sogenannte bekenntnisfremde Kinder aufnehmen werde, dann signalisiert dieser Vorgang, dass die Kirchenvertreter in diesen Gesprächen eine gewichtiges Wort mitgesprochen haben. - Nicht die Darstellung dieses Vorgangs in dem Artikel, sondern dieser Vorgang selbst im säkularisierten Staat ist absurd.
Die St. Elisabeth-Schule hat sich daraufhin bereit erklärt, im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten schon kurzfristig zum Schuljahr 1998/99 muslimische Schülerinnen und Schüler aufzunehmen, um die Janusz-Korczak-Schule zu entlasten. Die St.-Elisabeth-Schule hat sich, wie in meinem Artikel sachlich richtig dargestellt wurde, zur "Aufnahme von jährlich höchstens zwei deutschen und vier ausländischen nichtkatholischen Kindern" bereit erklärt. Diese Quotierung zwischen Kindern deutscher und ausländischer Herkunft war natürlich rechtlich betrachtet äußerst zweifelhaft. Diese Regelung hätte selbst im günstigsten Falle, also bei Aufnahme von vier ausländischen Kindern durch die St.-Elisabeth-Schule nicht zu einer nennenswerten Entlastung der Janusz-Korczak-Grundschule geführt. Der Ausländeranteil wäre, wie die Janusz-Korczak-Grundschule öffentlich und bislang unwidersprochen vorgerechnet hat, nur geringfügig gesunken. Der Ausländeranteil an beiden Schulen wäre dabei krass unterschiedlich geblieben: Wie oben schon dargestellt je Einschulungsjahrgang zwischen 6 –10 Prozent an der St.-Elisabeth-Schule und zwischen 33 bis 58 Prozent an der Janusz-Korczak-Grundschule. Hinzuzufügen ist noch, dass das Angebot der St.-Elisabeth-Schule insbesondere für nichtkatholische ausländische Eltern völlig unzumutbar war. Dies wird im nächsten Abschnitt dargestellt. Die Aufnahme nichtkatholischer Kinder schon zum Schuljahr 1998/99 durch die St.-Elisabeth-Schule kam daher nicht zustande, weil ausländische Eltern kein Kind dort anmeldeten.
   


Die Aufnahme von Kindern einer anderen Religion an einer konfessionellen Grundschule geschieht selbstverständlich unter der Maßgabe, die Identität der religiösen Minderheit zu respektieren und zu fördern. Von Unkenntnis zeugt daher der Vorwurf des Autors, der in diesem Zusammenhang von "geistiger Enge solcher streng katholischen Schulbildung" spricht.
 
Die Maßgabe, "die Identität der religiösen Minderheit zu respektieren und zu fördern" sah und sieht nach Kenntnis des Autors für Herrn Thalmann und die St.-Elisabeth-Schule so aus: Herr Thalmann sprach zwar laut "Eichsfelder Tageblatt" vom 4. Juli 1998 von der Aufgabe des "Schutzes der religiösen Identität von Kindern unterschiedlichen Glaubens". Er scheint dabei aber vor allem an den Schutz der religiösen Identität der katholischen Mehrheit gedacht zu haben, an die die Minderheit sich anpassen müsse. Jedenfalls fügte Herr Thalmann gegenüber dem "Eichsfelder Tageblatt" hinzu, Voraussetzung für die Aufnahme ausländischer Kinder sei, "daß die betroffenen ausländischen Eltern ... das Konzept der Bekenntnisschule akzeptieren und das schulische Leben mittragen."

In einer Informationsveranstaltung am 21.7.1998 erläuterte Schulleiter Meyna, was aus Sicht der St.-Elisabeth-Schule genauer unter dieser Voraussetzung zu verstehen sei sowie die Aufnahmebedingungen für nichtkatholische Kinder an der St.-Elisabeth-Schule. Anders als katholische Eltern müssten nichtkatholische Erziehungsberechtigte einen kurzen, vorformulierten Aufnahmeantrag unterschreiben: "Ich melde mein Kind an der St.-Elisabeth-Schule an. Die Schulordnung habe ich gelesen." Das bedeutete in Verbindung mit der Anmeldung, die Schulordnung zu akzeptieren. Meyna erklärte, zum Schulleben gehöre laut Schulordnung der vierzehntägige Schulgottesdienst, die Teilnahme an der Fronleichnamsprozession, die Schulfeier am Elisabeth-Tag. - Tatsächlich schreibt die vierzehnseitige Schulordnung eine durchgängig christlich-katholische Erziehung vor, der "die Unterrichtsinhalte, die Unterrichtsverfahren .... Schulveranstaltungen und äußerliche Einzelheiten dienen". Als Schwerpunkte christlicher Erziehung für den Schulalltag und das Schulleben werden u. a. genannt: der Schulgottesdienst, wiederkehrende Gedenktage, die Heiligenverehrung im Unterricht und durch besondere Veranstaltungen, z.B. das Patronatsfest am St.-Elisabeth-Tag, das tägliche Gebet zu Beginn und zum Ende des Unterrichts. 

Man stelle sich einmal konkret vor, welches schulische Leben muslimische Eltern nicht nur hinnehmen, sondern mittragen sollten. 

Wo ist denn da der Respekt gegenüber religiöser Identität nichtkatholischer Kinder und ihrer Eltern? Wo ist da Liberalität statt Enge und Beschränkung in der katholischen Schule?

Auch der Elternratsvorsitzende Merten erklärte, es dürfe keine Veränderung der Konzeption der St.-Elisabeth-Schule geben. Zu dieser Konzeption gehört laut Schulordnung grundlegend, "unterschiedliche Werthaltungen zwischen den Bezugspersonen im Elternhaus und in der Schule" zu vermeiden.

Von ausländischen - überwiegend muslimischen - Eltern wurde also nicht Integration, sondern Anpassung, Assimilation an ein streng katholisches Milieu verlangt. 


Die Aufnahmemöglichkeiten für nicht-kath. Kinder an Grundschulen für Schülerinnen und Schüler katholischen Bekenntnisses sind durch das niedersächsische Schulgesetz auf 15 % begrenzt. Nicht katholische Schulen verhindern Integration und Ökumene, sondern allenfalls die rechtlichen Vorgaben. Es ist zutreffend, dass es diese Beschränkungen gibt. Aber niemand, dem Integration und Ökumene wichtig sind, ist gezwungen, für den Bestand einer katholischen Konfessionsschule einzutreten. In Duderstadt ist es in der Tat die Existenz einer solchen Schule, die Integration und Ökumene erheblich behindert.

 
    Leserbrief Thalmann.html/22.03.1999/S.1

 

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Leserbrief des Leiters der Eichendorffschule in Wolfsburg

[Kommentar zu diesem Leserbrief]

 

Akzeptanz der freien katholischen Schulen steigt

Die Eichendorffschule HS/RS/OS in Wolfsburg, eine Konkordatsschule in der Trägerschaft des Bistums Hildesheim, wendet sich entschieden gegen die diffamierenden, verkürzten und teilweise falschen Aussagen zum Status sowie zur pädagogischen Arbeit einer freien katholischen Schule im Bistum Hildesheim. Wenn der Verfasser dieses Artikels den inneren Drang verspürt, die Daseinsberechtigung der Konkordatsschulen in Frage zu stellen, dann sollte er dies wenigstens auf dem Hintergrund einer soliden sachlichen Information zu diesen Schulen tun. Dazu gehört erst einmal, daß er sich über den rechtlichen Status dieser Schule im Klaren ist. Das Grundgesetz in Artikel 7 und das Nds. SchG in den §§ 154 bis 157 helfen hier dem Unwissenden weiter.

Vielleicht ist es auch der blanke Neid des Schreibers, daß er in seinem Artikel feststellen muß, daß es den katholischen Schulen auch in der heutigen Zeit gelingt, auf dem Hintergrund der christlichen Botschaft den jungen Menschen aufzuschließen für den Sinn seines Lebens in einer schwer durchschaubaren Welt und nicht nur die Vermittlung von Abschlüssen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu stellen. Die Unwissenheit des Verfassers gipfelt in seiner Feststellung, daß "das Schulkonzept dieser Konkordatsschulen im Sekundarbereich I noch erheblich rigider gefaßt" sei.

Zur Minderung des Kenntnisdefizits kann ich nur die Lektüre des "Projektes Schule", herausgegeben von der Hauptabteilung Bildung im Bischöflichen Generalvikariat, empfehlen, eine umfassende Darstellung der pädagogischen Perspektiven für die freien katholischen Schulen im Bistum Hildesheim. Es verbietet sich, aus der Grundordnung für die katholischen Schulen in freier Trägerschaft zu zitieren, ohne den Geist dieser Grundordnung verstanden zu haben und sie lediglich als Steinbruch zur Untermauerung ideologischer Interessen sowie zur Fundierung vorhandener Vorurteile zu mißbrauchen.

Im übrigen sind die katholischen Schulen in freier Trägerschaft anerkannte Ersatzschulen und öffentlichen Schulen gleichgestellt, aber nicht gleichartig wie der Schreiber des Artikels sehr richtig feststellt. Was das im einzelnen bedeutet, kann an den entsprechenden Stellen nachgelesen werden.

Lassen Sie mich zum Schluß auf unverschämte Unterstellungen eingehen: An den 1156 katholischen Schulen in der Bundesrepublik werden ca. 330000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet. Von Jahr zu Jahr ist festzustellen, daß die Akzeptanz in der Elternschaft für unsere Schulen steigt. Zum Schuljahresbeginn übertraf die Nachfrage das Angebot der vorhandenen Plätze um 30 %. Eltern legen nicht nur Wert auf Leistung, sondern auch auf ein erziehungsintensives Schulklima, das auf Vertrauen und persönlicher Zuwendung basiert. Umfragen bestätigen dies. Ein ausgewogener Leistungsanspruch und eine moderne pädagogische Ausrichtung im Einklang mit traditionellen, bewährten pädagogischen Elementen suchen und finden die Eltern vor.

Die religiös-christliche Ausrichtung durchzieht das gesamte Schulleben wie ein "roter Faden". Nirgendwo eine Spur "geistiger Enge". Hier lernen die Schülerinnen und Schüler "richtig und gut zu leben" (Comenius), um am Ende ihrer Schulzeit eigenständig, leistungsfähig und mitmenschlich in wachsender Verantwortung an der "Verbesserung der menschlichen Lebensverhältnisse" (Comenius) mitwirken zu können. Diese Ziele verfolgen wir für die uns anvertrauten Kinder auch hinsichtlich der Integration von 25 bis 30 % spätausgesiedelten und ausländischen Schülerinnen und Schüler an der Eichendorffschule.

Im Namen meiner Kolleginnen und Kollegen, der Mitarbeitervertretung, der Elternvertretung und des Vorstandes unseres Fördervereins protestiere ich gegen die diffamierenden und diskriminierenden Attacken gegen die Konkordatsschulen. Ich fordere die GEW Niedersachsen zu einer öffentlichen Gegendarstellung und Entschuldigung auf.

Siebenborn, Wolfsburg

 

Kommentar zum Leserbrief

Nun, die geforderte öffentliche Gegendarstellung und Entschuldigung seitens der GEW hat es bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht gegeben. Es mag dahingestellt bleiben, ob die GEW überhaupt einen Anlass für eine Gegendarstellung und/oder eine Entschuldigung findet.

Anlass zu einer Art "Gegendarstellung" gibt aber der Brief des Schulleiters der Eichendorffschule in Wolfsburg. Sie ist in der folgenden Stellungnahme des Leiters der Janusz-Korczak-Grundschule Duderstadt zum Ausdruck gebracht.

 

Die Stellungnahme des Schulleiters der Eichendorffschule in Wolfsburg liest sich durch das ungefilterte Selbstlob streckenweise wie eine Variante zu Lukas 18, 9-14: Seht, wie es uns "katholischen Schulen auch in der heutigen Zeit gelingt, auf dem Hintergrund der christlichen Botschaft...." etc. etc.

Ja, glaubt denn Herr Siebenborn tatsächlich, dass nichtkatholische Schulen etwa nicht bestrebt und auch erfolgreich bemüht sind, "den jungen Menschen aufzuschließen für den Sinn seines Lebens in einer schwer durchschaubaren Welt und nicht nur die Vermittlung von Abschlüssen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu stellen"? Steht der Bildungsauftrag des Niedersächsischen Schulgesetzes, an den sich die allgemeinbildenden Schulen zu halten haben, in der Darstellung der Bildungs- und Erziehungsziele so weit unterhalb der Vorgaben des "Projektes Schule", von Herrn Siebenborn als Lektüre empfohlen, dass nichtkatholische Schulen per definitionem darauf verzichten müssen, ihre Schülerinnen und Schüler zu befähigen, "am Ende ihrer Schulzeit eigenständig, leistungsfähig und mitmenschlich in wachsender Verantwortung" mitzuwirken an der Aufgabe, die menschlichen Lebensverhältnisse zu verbessern?

Ich will nicht bestreiten, dass es katholische Schulen über die Möglichkeit der partiellen Selektion von Schülerinnen und Schülern nichtkatholischen Bekenntnisses in manchem leichter haben, gewollte pädagogische Ziele zu realisieren. In einem Schonraum, der Teile der vorhandenen Lebenswirklichkeit, auch und offensichtlich gerade auch der Kinder ausschließt, ist das ja immer möglich, und es wird auch nicht versäumt, dies hin und wieder werbewirksam für die Schulen mit dem "feinen Unterschied" unter die Leute zu bringen.

Wenn nun auf diese Weise die Tendenz zu ungleichen schulischen Lernbedingungen verstärkt und von anderer Seite eben dies kritisch angemerkt wird, dann ist es nicht "der blanke Neid", sondern die notwendige Pflicht verantwortungsvoller Beobachter oder Betroffener, auf diesen Zustand aufmerksam zu machen.

Ausgangspunkt für die Überlegungen des Autors von "25 Jahre Konkordatsschulen - Kein Grund zum Feiern!" waren die schulischen Gegebenheiten im Grundschulzentrum Duderstadt, in welchem im gleichen Gebäudekomplex zwei Grundschulen untergebracht sind, die katholische St.-Elisabeth-Schule mit nur wenigen, und die Janusz-Korczak-Grundschule mit nahezu 40% Schülerinnen und Schülern ausländischer Herkunft an der Gesamtheit der jeweiligen Schülerschaft. Dieser Zustand wird - und das ist doch wohl nicht zu bestreiten - durch das Konkordat ermöglicht. Wie gesagt, das Konkordat ermöglicht diesen Zustand, erzwingt ihn aber nicht, schon gar nicht, weil beide Grundschulen staatliche Schulen in städtischer Trägerschaft sind. Daher ließen sich die durch die unterschiedlichen Strukturen der Schülerschaften hervorgerufenen unterschiedlichen Lernbedingungen an beiden Schulen durch die Zusammenlegung beider Schulen zu einer organisatorischen Einheit unschwer beseitigen. Die Resonanz auf einen entsprechenden Vorschlag hat einen teilweise wütenden Protest hervorgerufen ("hier soll eine gute katholische Schule kaputt gemacht werden"). Da wiegt dann eben für viele Eltern, aber auch für Außenstehende, das Recht auf eine konfessionelle Schule schwerer als das Recht auf gleiche schulische Lernbedingungen für alle Kinder. Allerdings ist ein Teil der katholischen Elternschaft offensichtlich bereit, mit Blick auf alle Kinder zu handeln, wie die Schüleranmeldungen zum Schuljahr 1999/2000 in Duderstadt sowohl im Bereich der Grundschulen als auch im Bereich der Orientierungsstufen gezeigt haben.

 

Schütze

Leiter der Janusz-Korczak-Grundschule

 


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