Konvertiten à la Osnabrück

Obwohl die Probleme im hiesigen Grundschulzentrum viel diskutiert sind, werden viele Duderstädter mit ungläubigem Staunen quittiert haben, was da nach einem Bericht in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung - und in ihrem Gefolge in vielen lokalen Blättern, so auch im Eichsfelder Tageblatt - vor einiger Zeit zu lesen war: "50 Kinder in Osnabrück sollen wegen einer Quotenregelung die Konfession wechseln", und weiter: "Katholisch werden - nur der Schule wegen?"

Was war geschehen? - Das Nieders. Kultusministerium hat in einer Verordnung vom 19.02.99 festgelegt, dass Bekenntnisschulen nur noch bis zu 15 % bekenntnisfremde Schüler/innen aufnehmen dürfen. Durch dieses "Nadelöhr" passt offensichtlich nicht mehr, was seit 1973 (dem Inkrafttreten des Konkordats des Landes Niedersachsen mit dem Vatikan) gang und gäbe ist: "Lernstarke Kinder aus bildungsnahen Elternhäusern" (Ministerialdirigent Dr. Galas, Nieders. Kultusministerium) wurden vermehrt in u. a. katholische Bekenntnisschulen umgeleitet. Diese besitzen das Privileg, sich wenigstens partiell ihre Schülerschaft nach eigenen Vorstellungen zusammenstellen zu können. Kein Wunder, dass - wie es in der HAZ heißt - diese Schulen "einen guten Ruf" genießen und "beliebt" sind, denn "sie haben - was offenbar immer häufiger eine Rolle spielt - einen geringen Anteil von ausländischen Kindern in den Klassen". Die Folgen für die ebenfalls staatlichen, aber eben nicht konfessionellen Schulen im Umkreis von Bekenntnisschulen liegen auf der Hand: Diese geraten in die Gefahr, trotz aller Anstrengungen nicht mehr "konkurrenzfähig" zu sein. Denn mit einer ausgedünnten, ihrer leistungsfähigen und lernmotivierten Schülerschaft beraubten Schule ist eben nur schwer "Schule zu machen". Die gesellschaftspolitischen Folgen einer solchen Entwicklung lassen nichts Gutes erwarten. Gerade diejenigen Eltern und Kinder, die für die Integration der Kinder aus ausländischen und auch ausgesiedelten Familien eine zentrale Rolle spielen könnten und müssten, entziehen sich dieser Aufgabe aus Sorge um "die beste Schule für ihr Kind" . Ganz besonders ärgerlich - um nur den schwächsten hier anwendbaren Begriff zu wählen - sind da Äußerungen von Vertretern konfessioneller Schulen, wenn sie in diesem Zusammenhang davon reden, "enorme Integrationsarbeit geleistet" zu haben (so Dipl.-Päd. M. Köhler, Schulrat im Kirchendienst, Hildesheim). Immerhin, in Einzelfällen mag das durchaus zutreffen.

Der Vorgang in Osnabrück zeigt in seiner Drastik nur die Spitze des Eisbergs, der Insidern längst bekannt war. Forderungen nach Erhöhung der "Zulassungs-Quote" oder gar nach deren Abschaffung mit dem hehren Ziel, Freiräume für die Integration insbesondere ausländischer Kinder zu schaffen, unterstützen geradezu die Tendenz, "sein" Kind ohne Osnabrücker Eklat an die weitgehend ausländerfreie Schule zu bekommen. Dieser Verlockung ist die nichtkatholische Grundschulelternschaft in Duderstadt bisher aus verschiedenen Gründen nicht erlegen, und auch viele katholische Eltern in Duderstadt zeigen, dass für sie Solidarität mit den auf besondere Hilfe angewiesenen Kindern keine leere Floskel ist.

Helmut Schütze, Leiter der Janusz-Korczak-Grundschule Duderstadt

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