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Dokument 7 Das Quotierungskonzept der Stadt Duderstadt

 

Obgleich Schulelternrat und Schulleitung der Janusz-Korczak-Grundschule mehrfach deutlich gemacht hatten, dass es nicht nur um begrenzte Hilfe und Entlastung durch die St.-Elisabeth-Schule mit dem Ziel geringfügiger Minderung der Unterschiede, sondern um gleiche schulische Lernbedingungen für alle Kinder in beiden Schulen "unter einem Dach" gehe, lud der Stadtdirektor Duderstadts, Herr Nolte, erneut zu einer Gesprächsrunde (zum 15.7.98) ein, um das ungeeignete Entlastungskonzept durchzusetzen. Zu diesem Gespräch waren der Vertreter der Bezirksregierung, RSD Engelhardt, sowie die Rektoren, Konrektoren und Vertreter des Schulelternrats beider Schulen geladen. Über den Inhalt gibt das folgende Kurzprotokoll Auskunft, das von den Vertretern der Janusz-Korczak-Grundschule im Anschluss an das Gespräch aufgesetzt und noch am gleichen Abend allen erreichbaren Mitgliedern des Schulelternrats (17 von 20 Mitgliedern) und des Kollegiums dieser Schule zugeleitet wurde. 

Auszug aus:

Kurzprotokoll eines Gesprächs über "Entlastung" für die Janusz-Korczak-Grundschule Duderstadt durch die St.-Elisabeth-Schule Duderstadt [15.7.98]  

Teilnehmer: STD Nolte, RSD Engelhardt, Herr Schütze, Frau Deneke, Frau Grzesik und Frau Ludorf-Kruffke (Janusz-Korczak-Grundschule Duderstadt), Herr Meyna, Herr Unzeitig, Frau Wüstefeld, Herr Merten (St.-Elisabeth-Schule)

Herr Nolte, Herr Engelhardt, Herr Meyna und Herr Schütze haben zur bekannten Problemlage je ein Statement abgegeben. Herr Nolte, Herr Engelhardt und Herr Meyna sehen übereinstimmend in dem Angebot der St.E.S., im Verhältnis 1 : 2 deutsche und ausländische Schüler/innen aufzunehmen, eine echte Entlastung der Janusz-Korczak-Grundschule. Herr Schütze hat dagegen deutlich gemacht, daß es nicht um eine Entlastung, sondern um gleiche schulische Lernbedingungen gehen muß. Er hat darüberhinaus mit Verweis auf die Zahlen in der Pressemitteilung (sie ist allen Mitgliedern des SER zugegangen) festgestellt, daß von einer tatsächlichen und durchgreifenden Entlastung keine Rede sein kann. In diesem Punkt war eine Übereinstimmung nicht zu erzielen.

Eine Zusammenlegung beider Schulen - der einzige Weg zu gleichen schulischen Lernbedingungen für alle Kinder - wurde von Herrn Engelhardt unter den gegebenen Bedingungen als nicht realistisch eingeschätzt, von Herrn Merten, dem Vorsitzenden des SER der St.E.S. kategorisch abgelehnt. Abgelehnt hat er auch eine Befragung der Elternschaft der St.E.S. zu dieser Frage; dafür gäbe es keinen Handlungsbedarf. Herr Merten hat gefordert, daß die St.E.S. bleiben müsse wie sie ist, auch wenn es zur Aufnahme nichtkatholischer Schüler/innen komme (keine Änderung des Grundkonzepts!).

Aufgrund des Diskussionsstandes hat Herr StD Nolte den Schulleiter der Janusz-Korczak-Grundschule gebeten, folgendem Vorschlag zuzustimmen:

Die Zusammenlegung der Janusz-Korczak-Grundschule mit der St.-Elisabeth-Schule ist tatsächlich auf absehbare Zeit nicht durchführbar. In Anerkennung dieses Tatbestandes erklärt sich die Janusz-Korczak-Grundschule bereit, das Angebot zu Entlastung und Hilfe im oben angegebenen Sinne anzunehmen, und zwar schon beginnend mit dem Schuljahr 1998/99 (2 deutsche und 4 ausländische Schüler/innen gehen an die St.E.S.). Von Herrn Engelhardt sowohl als auch von Herrn Nolte wurde Herr Schütze aufgefordert, dazu beizutragen, auch ausländische Eltern für die Anmeldung an der ST.E.S. zu gewinnen. Herr Meyna wurde gebeten, zu diesem Zweck einen Aufnahmeantrag vorzubereiten, der interessierten Eltern durch beide Schulleiter erläutert werden soll.

Es wurde angeregt, schon eine Vorauswahl unter Eltern zu treffen (durch den Schulleiter der JKGs), die ggf. für einen Antrag in Frage kommen könnten. Kriterium für diese Vorauswahl sollte u. a. sein, alle jene nicht anzusprechen, die bereits Geschwisterkinder an der Janusz-Korczak-Schule haben. Diesen Vorschlag hat Herr Schütze mit der Begründung abgelehnt, daß dies mindestens zwei große Gruppen ausländischer Schülerinnen und Schüler für die Aufnahme an der St.E.S. ausschließen würde, nämlich jene der Asylbewerber aus dem ehemaligen Jugoslawien und jene der libanesischen Mitbürger.

Zu Dienstag, dem 21. 7. 98, will der Schulträger alle Eltern der Schulanfänger, die bereits an der Janusz-Korczak-Grundschule angemeldet sind, zu einer Versammlung im Rathaus (voraussichtlich Großer Sitzungssaal) einladen, um dort die Eltern über die neue Lage zu informieren und die entsprechende Anzahl von Anmeldungen für die St.E.S. zu gewinnen. Die oben genannte Gruppe der Teilnehmer ist bereits mündlich zur Teilnahme an diesem Elternabend eingeladen.

Voraussetzung für das Zustandekommen eines solchen Elternabends ist die Zustimmung der Janusz-Korczak-Grundschule zu dem oben erläuterten Entlastungsvorschlag.  

Dem Protokoll war folgendes Anschreiben an alle Mitglieder des SER mit der Bitte um ein Votum beigefügt:  

Sehr geehrte Damen und Herren,

in der Anlage erhalten Sie ein Kurzprotokoll zu einem Gespräch über die Aufnahme deutscher und ausländischer Schüler/innen an der St.-Elisabeth-Schule, das heute Nachmittag im Stadthaus stattgefunden hat.

Bitte, teilen Sie der Schule nach Kenntnisnahme des Inhalts des Protokolls auf dem unteren Abschnitt dieses Anschreibens möglichst umgehend mit, wie Sie sich entscheiden. Das Angebot bedeutet: Die St.-Elisabeth-Schule wird danach zwischen 6% und 10%, die Janusz-Korczak-Grundschule zwischen 33% und 58% ausländischer Schüler/innen unterrichten.

Die beiden zur Entscheidung stehenden Fragen lauteten:

Ich bin der Auffassung, daß der Leiter der St.-Elisabeth-Schule in eigener Verantwortung entscheiden soll.

Ich halte das Konzept "Entlastung" im Sinne des Angebots der St.-Elisabeth-Schule für ausreichend und stimme ihm zu.

Das Ergebnis der Abstimmung war eindeutig: 17 der erreichbaren 20 Mitglieder des Schulelternrates hielten das Konzept der "Entlastung" für unzureichend.

Nach Abstimmung mit dem Schulelternrat ging durch den Schulleiter der Janusz-Korczak-Grundschule am 16. 7. 98 die folgende Mitteilung an den Stadtdirektor der Stadt Duderstadt:  

Sehr geehrter Herr Stadtdirektor Nolte,

ich beziehe mich auf das gestern in Ihrem Hause geführte Gespräch, in dem Sie aus Ihrer Sicht folgende Feststellung getroffen und darauf fußend die ebenfalls folgende Anregung gegeben haben:

Die Zusammenlegung der Janusz-Korczak-Grundschule mit der St.-Elisabeth-Schule aus den bekannten Gründen ist faktisch nicht durchführbar. In Anerkennung dieses Tatbestandes möge sich die Janusz-Korczak-Grundschule bereit erklären, den von der St.-Elisabeth-Schule unterbreiteten Vorschlag mitzutragen, mit Beginn des Schuljahres 1998/99 im Verhältnis von 1 : 2 deutsche und ausländische nichtkatholische Schüler/innen aufzunehmen, beginnend mit 2 deutschen und 4 ausländischen Schüler/innen. Die Mitglieder des Schulelternrates, soweit sie in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit erreichbar waren (17 von 20 Mitgliedern), haben übereinstimmend festgestellt, daß der oben formulierte Vorschlag keine Lösung für die Herstellung gleicher schulischer Lernbedingungen für alle Grundschüler im Ortsteil Duderstadt darstellt und eher geeignet ist, auf mittlere Sicht die Ungleichheit der Lernbedingungen zu zementieren. Die Verantwortung dafür kann der Schulelternrat der Janusz-Korczak-Grundschule nicht auf sich nehmen. Er ist daher der "Auffassung, daß der Leiter der St.-Elisabeth-Schule in eigener Verantwortung entscheiden soll", ob, wann und wie viele nichtkatholische Kinder er aufnehmen will. Für diese Entscheidung ist die Hilfe des Schulelternrats der Janusz-Korczak-Grundschule entbehrlich.

Im Umlaufverfahren sind alle der Gesamtkonferenz der Janusz-Korczak-Grundschule angehörenden Lehrkräfte, soweit sie nicht aus dienstlichen Gründen abwesend waren oder erkrankt waren, informiert worden.

Als Leiter der Gesamtkonferenz bin ich - bei einer Enthaltung - zur unverzüglichen Übermittlung der folgenden Stellungnahme an die Stadt Duderstadt und die Bezirksregierung Braunschweig gebeten worden:

"Die Frage, ob und in welchem Umfang die St.-Elisabeth-Schule vom nächsten Schuljahr an deutsche und ausländische nichtkatholische Kinder einschult, ist so kurzfristig bis zum Ende dieses Schuljahres nur noch durch die St.-Elisabeth-Schule selbst zu entscheiden. Die Mitglieder der Gesamtkonferenz stellen fest: Die Janusz-Korczak-Grundschule verfügt bezüglich der Einschulungspraxis der St.-Elisabeth-Schule über keine Entscheidungsbefugnis.

Nach Auffassung der Mitglieder der Gesamtkonferenz muß die St.-Elisabeth-Schule ihr eventuelles Aufnahmeangebot, künftig nichtkatholische Kinder einzuschulen, an die Eltern der Schulanfänger selbst richten, da die Janusz-Korczak-Grundschule nicht befugt ist, ein solches Angebot stellvertretend für die Eltern von Schulanfängern anzunehmen oder abzulehnen.

Im Interesse der Janusz-Korczak-Grundschule und ihrer Schülerinnen und Schüler fühlen sich die Mitglieder der Gesamtkonferenz aber verpflichtet, darauf hinzuweisen, daß der Vorschlag der St.-Elisabeth-Schule, im nächsten Schuljahr 2 deutsche und 4 ausländische Kinder aufzunehmen und eine solche Aufnahmepraxis im Verhältnis 1:2 in den Folgejahren fortzusetzen, den vorliegenden Berechnungen zufolge nicht dazu führen wird, künftig gleiche Lernbedingungen an beiden benachbarten Schulen sicherzustellen. Eine grundsätzliche Lösung des damit bezeichneten Problems ist allerdings unverzichtbar."

Aus meiner Sicht kann die für Dienstag, den 21.7.98, 19.00 Uhr im Rathaus geplante Versammlung der Eltern, die ihr Kind zum Schuljahr 1998/99 an der Janusz-Korczak-Grundschule angemeldet haben, stattfinden, um über die von der St.-Elisabeth-Schule vorgeschlagene Änderung der Einschulungspraxis informiert zu werden. Da die Einladung dazu vom Schulträger ausgehen soll, füge ich diesem Schreiben eine Adressenliste bei. Ich erkläre mich ausdrücklich bereit, an dieser Elternversammlung teilzunehmen. - Sie erhalten in der Anlage das Kurzprotokoll, in dem Verlauf und Ergebnis von den Teilnehmern des Schulelternrates am gestrigen Gesprächs zusammenfaßt wurden. Das Protokoll ist an die erreichbaren Mitglieder des Schulelternrates weitergeleitet worden. Die Schulleitung der Janusz-Korczak-Grundschule trägt dieses Protokoll in vollem Umfange mit.  

Mit freundlichem Gruß

(Rektor)

 

Für den 20. Juli 1998 war eine Sitzung des Stadtrats anberaumt, in welcher die Verwaltung über das Ergebnis der Gespräche zwischen beiden Grundschulen mit dem Schulträger berichten sollte. Im Vorfeld dieser Sitzung berichtete das Eichsfelder Tageblatt am 18.07.1998:

Rat spricht über Schulsituation

Duderstadt (sr). Die Grundschulsituation in Duderstadt sollte in der nächsten Sitzung des Stadtrates am Montag, 20. Juli, als Thema behandelt werden. Dafür setzen sich die Gruppe WDB, Bündnis 90/Die Grünen und Hans Georg Schwedhelm in einem Schreiben an Bürgermeister Koch ein. Dabei geht es insbesondere um die Frage, wie die Integration ausländischer Schüler an den Grundschulen sichergestellt werden kann.

Dazu hatte die Gruppe bereits einen Antrag vorgelegt, den sie nun in der Ratssitzung behandelt sehen möchte. Um die Beratung zu bereichern und zu qualifizieren, bittet die Gruppe darum, zu der Sitzung des Rates auch den Schulrat Franz Thalmann vom Bistum Hildesheim, die Leitungen der St. Elisabeth und der St. Ursula[1] Grundschulen, Elternvertreter und die Bezirksregierung Braunschweig einzuladen.

[1] Statt St. Ursula muss es wohl heißen: Janusz-Korczak

Eingespielt am 14.01.00

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