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Dokument 9 Schulträger wirbt für die Bekenntnisschule

Am 21. Juli 1998 fand im historischen Rathaus in Duderstadt das Informationsgespräch statt, durch das Eltern, die ihre Kinder in der Janusz-Korczak-Grundschule angemeldet hatten, bewegt werden sollten, ihre Kinder an die St.-Elisabeth-Schule umzumelden. In der Einladung des Schulträgers hieß es u. a.:

Einladung zum Informationsgespräch

Sehr geehrte Dame, sehr geehrter Herr,
liebe Eltern,

Sie haben zum Schuljahresbeginn 1998/99 Ihr Kind zum Schulbesuch an der Janusz-Korczak-Grundschule angemeldet.

In den letzten Tagen und Wochen haben zahlreiche Gespräche und Beratungen zur Situation am Grundschulzentrum Duderstadt stattgefunden. Dabei hat der Schulleiter der St.-Elisabeth-Schule angeboten, bereits zum 01. August 1998 die St.-Elisabeth-Schule in einem abgestimmten Rahmen über die bisherigen Regelungen hinaus zu öffnen.

Im Einvernehmen mit den Schulleitern, Herrn Rektor Helmut Schütze (Janusz-Korczak-Grundschule) und Herrn Rektor Karl-Heinz Meyna (St.-Elisabeth-Schule), lade ich Sie hiermit herzlich zu einem Informationsgespräch zur Vorbereitung des Schulbesuches Ihres Kindes

am Dienstag, 21. Juli 1998, 19.00 Uhr, in den Großen Sitzungssaal
des Duderstädter Rathauses, Marktstr. 66,

ein.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie an diesem Gespräch teilnehmen würden, damit für unsere Kinder im Stadtgebiet die derzeit bestmögliche Einschulungssituation geschaffen werden kann.

Mit freundlichen Grüßen

 

Die Einladung war unterzeichnet von Stadtdirektor Nolte und sie schloss - ganz entgegen der ursprünglichen Anregung durch den Leiter der Janusz-Korczak-Grundschule - die Elternschaft der St.-Elisabeth-Schule aus. "Offizielle" Teilnehmer an diesem "Elternabend" waren außer dem Stadtdirektor selbst die Rektoren und Konrektoren beider Schulen, 2 Mitglieder aus dem Vorstand des Schulelternrates der St.-Elisabeth-Schule (ohne Elternschaft!) und 2 Vertreter des Schulelternrates der Janusz-Korczak-Grundschule.

7 der 39 eingeladenen Eltern waren der Einladung gefolgt, darunter allerdings keine Eltern von Kindern ausländischer Herkunft! Damit war der Abwerbeversuch im Sinne des Hilfs- und Entlastungsmodells bereits zu Beginn der Veranstaltung gescheitert.

Der Verlauf des Elternabends ist rasch skizziert. Stadtdirektor Nolte beschrieb die Entwicklung der Grundschulen nach dem 2. Weltkrieg und erläuterte das mehrfach erwähnte Entlastungsmodell. Die Forderung der Janusz-Korczak-Grundschule nach gleichen schulischen Lernbedingungen für alle Schüler werde ohne Wenn und Aber verstanden, Rechtssituation und Elternwillen stünden der Realisierung dieser Forderung aber glatt entgegen. Die rechtlich mögliche Zusammenlegung beider Grundschulen werde vom Schulelternrat der St.-Elisabeth-Schule abgelehnt.

Herr Schütze seinerseits legte unmissverständlich dar, dass es um die Schaffung gleicher schulischer Lernbedingungen und nicht um Hilfe und Entlastung gehe. Hier sei auch durch den Schulträger mehr möglich als der Rückzug auf einen eher vorgeschobenen als tatsächlich erwiesenen Elternwillen. Es müsse daher weiter nach einem Weg gesucht werden, die als berechtigt anerkannte Forderung nach gleichen schulischen Lernbedingungen umzusetzen. Es sei auch aus dieser Sicht nicht verständlich, dass die katholischen Eltern keine Einladung zu diesem Informationsgespräch erhalten hätten. Man könne doch nicht von vornherein annehmen, dass sich die katholische Elternschaft geschlossen gegen eine Einschulung ihrer Kinder unter anderem auch an der Janusz-Korczak-Grundschule wenden werde. Eine Ummeldung der Schulanfänger aus dieser Elternschaft wäre wesentlich effektiver für die Herstellung gleicher schulischer Lernbedingungen als das sog. Entlastungsmodell, das allein schon rechnerisch nachgewiesenermaßen nichts im angestrebten Sinne bewirke.

Herr Meyna zog sich ausschließlich auf die Rechtsposition einer staatlichen katholischen Bekenntnisschule zurück und betonte, dass die St.-Elisabeth-Schule zur Hilfe bereit sei, wenn die nichtkatholischen Eltern einen Aufnahmeantrag stellten und darin die bestehende Schulordnung anerkennten. Im übrigen verwahrte er sich dagegen, in eine bestimmte Ecke gedrängt zu werden.

In der anschließenden Diskussion ging es um einzelne Modalitäten einer möglichen Ummeldung von der Janusz-Korczak-Grundschule zur St.-Elisabeth-Schule und auch um die Frage aus dem Kreise der Eltern, ob es nicht geraten sei, reine Ausländerklassen zu bilden. Auf diesen Gedanken gingen jene Eltern ein, die bereits Erfahrungen über ihre Kinder mit der Janusz-Korczak-Grundschule gemacht hatten. Bei Klassen mit ausschließlich Kindern ausländischer Herkunft müsse der Gedanke einer Integration glatt aufgegeben werden; es sei aber gerade das Ziel, integrativ in der Schule zu wirken. Das könne allerdings nur dann gelingen, wenn das Verhältnis deutscher zu Schülern ausländischer Herkunft ausgewogen sei.

Im Zusammenhang mit der Bemerkung des Leiters der St.-Elisabeth-Schule, er werde zu Unrecht in eine "bestimmte Ecke gedrängt", ist ein Brief des Leiters der Janusz-Korczak-Grundschule nicht unwichtig, den dieser tags zuvor (20.7.1998) an die Mitglieder des Schulelternrates und die Mitglieder der Gesamtkonferenz geschrieben hatte, und in welchem er auf eben diesen Punkt einging. Der Brief hatte folgenden Wortlaut:

Sehr geehrte Damen und Herren,

mehreren Hinweisen entnehme ich, daß sich Herr Rektor Meyna in der Diskussion um den optimalen Weg zur Herstellung gleicher schulischer Lernbedingungen für alle Grundschulkinder im Ortsteil Duderstadt in eine "bestimmte Ecke gedrängt" sieht. Ich nehme dies zum Anlaß, Ihnen zu Ihrer Information die Entwicklung der Diskussion in aller Kürze darzustellen, und zwar auch unter Berücksichtigung der Frage, inwieweit sich die St.-Elisabeth-Schule an der Integrationsaufgabe "beteiligen" will.

Daß sich die St.-Elisabeth-Schule für nichtkatholische Kinder öffnen werde ist mir über Dritte bereits im Herbst 1997 mehrfach mitgeteilt worden. Dabei war immer die Rede von deutschen evangelischen Kindern, wenigen nur, die ausgesucht werden sollten. Da eine Änderung der Aufnahmepraxis nicht ohne Auswirkungen verschiedenster Art auf beide Grundschulen sein konnte, u. a. auch mit Blick auf die Unterrichtsversorgung, habe ich die damals für beide Schulen zuständige Dezernentin der Bezirksregierung Braunschweig informiert und sie gebeten, eine Klärung herbeizuführen. In dem daraufhin folgenden Gespräch (im November 1997) ist lediglich deutlich geworden, daß die Überlegungen der St.-Elisabeth-Schule noch nicht abgeschlossen seien. Auf eine weitere Anfrage meinerseits im Februar 1998 - ein Gespräch beider Schulleiter mit Herrn Stadtdirektor Nolte war vorausgegangen - wurde mir von Herrn Meyna mitgeteilt, daß keine Änderung der Aufnahmepraxis vorgesehen sei. Die Diskussion um gleiche schulische Lernbedingungen und die Integration ausländischer und ausgesiedelter Kinder ging aber weiter und wurde am 12. 3. 98 auch im Schul- und Kulturausschuß behandelt. Herr Stadtdirektor Nolte gab die voraussichtliche Zusammensetzung der Schülerschaft im Ortsteil Duderstadt bekannt, aufgeteilt in die Rubriken Deutsche (Katholisch, Evangelisch, Sonstiges) und Ausländer (Katholisch, Evangelisch, Sonstiges). Die Frage der Integration und Herstellung gleicher schulischer Lernbedingungen nahm in der Diskussion zwar großen Raum ein, ein Hinweis auf die mögliche Aufnahme nichtkatholischer ausländischer Kinder in die St.-Elisabeth-Schule durch Herrn Rektor Meyna erfolgte nicht (wie auch das entsprechende Protokoll ausweist). Ich habe hier zum ersten Male unmißverständlich gesagt, nur die Zusammenlegung beider Schulen in ein Grundschulzentrum stellt eine vertretbare Lösung der anstehenden Probleme dar.

Von diesem Zeitpunkt an widmete sich das Eichsfelder Tageblatt mehrfach dem "Integrationsthema": "Integration droht zu scheitern" (14.3.98), "Integration schafft Probleme" (15.4.98), "Mehrheit lehnt Runden Tisch zur Integration ab" (27.4.98), "Chancengleichheit gefordert" (4.5.98), "Ministerin soll Hilfestellung geben" (20.5.98), "Lothar Koch wählt kleinen Dienstweg" (28.5.98), "Alternative Monokultur?" (28.5.98).

Am 13. Mai 1998 und am 9. 6. 1998 kam es aufgrund einer Einladung durch Herrn Meyna zu Gesprächen zwischen den Schulleitungen - am 9.6.98 unter der Gesprächsleitung von Herrn Stadtdirektor Nolte. Hier wurde zum ersten Male die Möglichkeit erörtert, auch ausländische nichtkatholische Kinder an der St.-Elisabeth-Schule aufzunehmen. Da für 1998/99 damals eine Beteiligung der St.-Elisabeth-Schule noch nicht vorgesehen war, bestand für Herrn Meyna noch kein Handlungsbedarf, Detailfragen zu erörtern.

Am 25.6.98 hatte ich dem SER einen ausführlichen und mit Zahlen belegten Bericht zur Verfügung gestellt, aus dem sich schlüssig die Notwendigkeit der Zusammenlegung beider Grundschulen zu einem Grundschulzentrum ergibt. Eine Kopie des Berichts hat auch Herr Stadtdirektor Nolte erhalten. In seinem Hause haben Gespräche mit verschiedenen Beteiligten (ohne Janusz-Korczak-Grundschule) stattgefunden, um einen Weg zur Herstellung gleicher Lernbedingungen und zur Integration zu finden. Darüber hat das ET am 4.7.98 berichtet ("St. Elisabeth-Schule trägt Integration mit"); die hier bekanntgegebene Lösungsvariante ist der Janusz-Korczak-Schule dann in einem weiteren Gespräch unter Leitung von Herrn Stadtdirektor Nolte durch Herrn Meyna (am 6.7.98) und ein weiteres Mal am 15.7.98 - diesmal im Beisein von RSD Engelhardt, Bezirksregierung Braunschweig, je 2 Vertretern aus den Schulelternräten beider Schulen - mitgeteilt und zur Entscheidung vorgelegt worden. Die Janusz-Korczak-Grundschule hat in beiden Fällen mitgeteilt, daß eine wie immer geartete Quotierung keine langfristig zufriedenstellende Lösung darstellen kann. Es bleibt abzuwarten, ob Eltern von Schulanfängern, die ihr Kind an der Janusz-Korczak-Grundschule für das Schuljahr 1998/99 angemeldet haben, nun ihr Kind an die St.-Elisabeth-Schule ummelden. Zu diesem Zweck sind diese zu einer Elternversammlung am 21.7.98 um 19.00 im Großen Sitzungssaal des Rathauses eingeladen. Auf eine Einladung der Eltern von Schulanfängern, die ihr Kind an der St.-Elisabeth-Schule angemeldet haben, ist verzichtet worden. Offensichtlich ist nicht daran gedacht, diesen Eltern ebenfalls eine Alternative anzubieten: die Janusz-Korczak-Grundschule.

Aus dem gesamten, hier nur verkürzt dargestellten Ablauf kann ich keine von Anfang an alle Auswirkungen bedenkende Konzeption erkennen, die ein so wichtiger Schritt, wie ihn die Öffnung der St.-Elisabeth-Schule für nichtkatholische Kinder darstellt, eigentlich erforderlich gemacht hätte.

Eine ausführliche Dokumentation ist in Vorbereitung.

Mit freundlichem Gruß

(Schulleiter)

Erstaunlicherweise fand der Ausgang dieses Informationsgespräches keinen Widerhall in der Presse. Zwar hieß es in dem bereits abgedruckten Beitrag des Eichsfelder Tageblattes vom 22. 7. 1998 ("Integration als Gemeinschaftsaufgabe") mit Verweis auf die neuen Einschulungsmodalitäten der St.-Elisabeth-Schule: "Eltern werden über die Beschulungsmöglichkeiten informiert". Diese Feststellung bezog sich aber auf den Bericht des Stadtdirektors vor dem Stadtrat am 20.7.98. Der Informationsabend vom 21. 07. 98, und insbesondere der für die Initiatoren gewiss wenig befriedigende Ausgang, fand kein Presseecho. Stattdessen wurden nochmals "Ergebnisse" der Ratssitzung aufgegriffen:

Eichsfelder Tageblatt vom 25. 7. 98

INTEGRATION/Ratsentscheidung wird freudig begrüßt
Gemeinsame Verantwortung

Duderstadt (sr). Die Zusicherung, daß auch Andersgläubige, Nichtgläubige und Ausländerkinder an der katholischen St. Elisabeth-Schule aufgenommen werden können, ist von der Schulleitung der katholischen St. Ursula-Schule ausdrücklich begrüßt worden. Wie Rektor Ingo Bickel in einer Stellungnahme gegenüber dem Tageblatt unterstreicht, sei es ganz selbstverständlich, daß auch katholische Schulen bereit seien, sich vorhandenen pädagogischen Problemen ohne Wenn und Aber zu stellen.

Gemeinsam müsse man die Lasten aller Schulen tragen. Das gelte um so mehr in einer kleinen Stadt wie Duderstadt. Damit stehe man übrigens im Einklang mit der Haltung der deutschen Bischöfe, die sich ausdrücklich für eine Integration der ausländischen Bürger eingesetzt haben.

Was die geübte Praxis an der katholischen St. Ursula-Schule angehe, die ja in der Trägerschaft des Bistums Hildesheim steht, so nehme man schon seit Jahren bis zu 20 Prozent nicht-katholische Schülerinnen und Schüler auf. Im Bedarfsfall wird an der katholischen Schule sogar evangelischer Religionsunterricht erteilt. Das habe auch etwas mit Ökumene zu tun. Bei der Aufnahme ausländischer Kinder könne der Prozentsatz bei entsprechender Antragstellung sogar die 20-Prozent-Marke überschreiten.

 

An diesem Bericht ist immerhin so viel interessant, als zwar von "der Aufnahme ausländischer Kinder.... bei entsprechender Antragstellung" die Rede ist, nicht aber, ob und wie viele Schülerinnen und Schüler ausländischer Herkunft aufgenommen wurden, auch nicht, was getan wurde, um diese Kinder und ihre Eltern zu erreichen. Die Feststellung, "so nehme man schon seit Jahren bis zu 20 Prozent nicht-katholische Schülerinnen und Schüler auf" sagt wohl etwas über Ökumene, nichts aber über Integration aus.

Am 31. 7. 1998 veröffentlichte das Eichsfelder Tageblatt den folgenden Leserbrief:

Anpassung statt Integration
Betr.: "Gemeinsame Verantwortung" vom 25.7.1998

Es wäre für uns "ausländische Mitbürger" einfach zu schön, wenn alle Äußerungen des Rektors der St. Ursula Schule tatsächlich den Tatsachen entsprächen. Wäre dies der Fall, so wäre für uns "ausländische Mitbürger" doch einmal ein Traum in Erfüllung gegangen. Gemeint ist die Integration der Ausländer, und zwar in Bezug auf alle Schulen und alle Gesellschaftsschichten!

Im Grundgesetz Artikel 3, Absatz 3 steht: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden. Wir sind zwar nie bevorzugt worden, was auch nie jemand verlangt hätte, aber wir haben es auch langsam satt, diesbezüglich benachteiligt zu werden.

Unsere ausländischen Eltern haben an der Informationsveranstaltung der Stadt für Eltern von Schulanfängern am 21.7.1998 nicht teilgenommen, weil der Preis für die Aufnahme an der St. Elisabeth-Schule zu hoch ist. Sollte Rektor Bickel im besagten Artikel vom 25. dieses Monats die Wahrheit gesagt haben, würde er sich um ein alternatives Konzept bemühen, da durch das vorliegende Konzept lediglich christliche Schüler in die Schule integriert und Schüler mit anderen Religionen diskriminiert werden, indem ihnen zugemutet wird, an einer katholisch geprägten Erziehung teilzunehmen.

Sollte er tatsächlich durch diesen Schritt meinen, er hätte der Gesellschaft für die Zukunft eine bessere Integration beschert, so ist das mehr Schein als Sein, da wir "ausländische Mitbürger" weiterhin ausgegrenzt werden. Die Aufnahme von "ausländischen Mitbürgern" in der St. Elisabeth-Schule dient lediglich zum Vorzeigen und zur Erfüllung der Quote.

Durch eine christliche Erziehung von Andersgläubigen wird jede Individualität zerstört. Dies ist für uns "ausländische Mitbürger" nicht tragbar. Eine kulturelle Vielfalt bereichert eine Gesellschaft. Die Ausländer sind integrierbar, man muß nur richtig definieren, was man unter Integration versteht, da Integration etwas anderes ist als totale Anpassung. Eine Zusammenlegung sowie eine gemeinsame Führung beider Duderstädter Schulen wären diesbezüglich unser Vorschlag.
Gönül Izgü

Auch auf der politischen Ebene ging die Diskussion weiter:

Bericht des Eichsfelder Tageblattes vom 28. 7. 98:

GRUNDSCHULEN/Quotenregelung findet nicht überall Zustimmung
Grüne favorisieren Zusammenlegung
Duderstadt (sr). Die einzige Möglichkeit, gleiche schulische Lernbedingungen für alle Grundschulkinder in Duderstadt herzustellen sei die Zusammenlegung beider Grundschulen. Diese Auffassung wird in einer Presseerklärung des Ortsverbandes von Bündnis90/Die Grünen unterstrichen. Gleichzeitig kritisiert Vorstandsmitglied Götz Hütt das von der St. Elisabeth-Schule gemachte Angebot, einen gewissen Prozentsatz nicht katholischer sowie ausländischer Kinder aufzunehmen. Damit werde von den überwiegend muslimischen Eltern erwartet, daß sie in eine katholisch geprägte Erziehung ihrer Kinder einwilligen. Die von den nicht-katholischen Eltern geforderte Unterschrift im Aufnahmeantrag bedeute die Einwilligung in eine durchgehend katholisch geprägte Erziehung. Es werde also nicht Integration, sondern Anpassung, Assimilation verlangt, so Hütt.

In diesem Zusammenhang habe auch der Elternratsvorsitzende der St. Elisabeth-Schule, Ulrich Merten erklärt, es dürfe keine Veränderung an der Konzeption der St. Elisabeth-Schule geben. Was im übrigen den Umfang des Mittragens der Lasten angehe, so rechnet Hütt vor, könne die neue Einschulungsregelung im rechnerisch günstigsten Fall dazu führen, daß die St. Elisabeth-Schule in den Jahren 2003 zwischen sechs und zehn Prozent ausländische Kinder einschulen werde, die benachbarte Janusz-Korczak-Grundschule dagegen zwischen 33 und 58 Prozent.

Um der Janusz-Korczak-Schule wirklich zu helfen, wäre es wichtig, daß mehr katholische Kinder als bisher an dieser Grundschule angemeldet würden, meinen die Grünen. Deshalb sollten auch alle Eltern von Grundschülern über die verschiedenen Anmeldemöglichkeiten informiert werden - und nicht nur die der Janusz-Korczak-Schule, fordert Hütt.

Und am 1. 8. 1998 berichtete das Eichsfelder Tageblatt:

GRUNDSCHULEN
Integration funktioniert zweiseitig
Duderstadt (sr). In die Diskussion um die Beschulung ausländischer Kinder hat nun auch der Leiter der katholischen St. Elisabeth-Schule, Rektor Karl-Heinz Meyna eingegriffen. Er verweist zum einen auf die rechtlichen Grundlagen seiner Schule, die in Konkordat, Zusatzvereinbarung und Niedersächsischem Schulgesetz liegen, zum anderen aber vor allem auf die Frage, wie der zur Zeit immer wiederholte Begriff der Integration denn zu definieren sei.

Nach Meynas Verständnis kann Integration nur dann funktionieren, wenn sich beide Seiten - in diesem Falle also die katholische Schule und andersgläubige Eltern - aufeinander zu bewegten. Im übrigen werde ja auch an einer katholischen Schule keinem Schüler seine Identität genommen. Schließlich werde beispielsweise kein andersgläubiges- oder auch nichtgläubiges Kind gezwungen, am katholischen Religionsunterricht teilzunehmen.

Schließlich weist Meyna darauf hin, daß durch die vereinbarte Quotierung bei der Aufnahme andersgläubiger und ausländischer Schüler an der St. Elisabeth-Schule der Erhalt der Zweizügigkeit an der Janusz-Korczak-Schule sichergestellt sei. Insgesamt, so empfindet es Meyna, sei die Diskussion um die Einschulungsmöglichkeiten leider stark politisiert worden. Auch sei ja nicht zu vergessen, daß es bislang den katholischen Eltern unbenommen gewesen sei, ihre Kinder auf der Janusz-Korczak-Schule anzumelden.

Vier Wochen später, wenige Tage vor dem Ende der Sommerferien und dem Tag der Einschulung der Schulanfänger wurde erneut versucht, Eltern, die ihre Kinder an der Janusz-Korczak-Grundschule angemeldet hatten, für die St.-Elisabeth-Schule zu gewinnen und damit die am 21. 7. 98 gescheiterte Aktion doch noch umzukehren - ohne Rücksprache mit der Janusz-Korczak-Grundschule, wie sich versteht. Das Eichsfelder Tageblatt berichtet sehr ausführlich darüber in seiner Ausgabe vom 24. 8. 1998:

INTEGRATION/Bleibt Ausländeranteil an der Janusz-Korczak-Schule wie gehabt?
Erstklässler können noch umgemeldet werden
Duderstadt (her). Maximal sechs nicht-katholische Erstklässler nimmt die St. Elisabeth-Schule zum neuen Schuljahr auf - wenn die Eltern dieses Angebot nutzen. Nach unbestätigten Tageblatt-Informationen ist das Kontingent derzeit zumindest noch nicht ausgeschöpft.

Die Möglichkeit, bereits angemeldete Erstklässler noch auf die Nachbarschule umzumelden, besteht weiterhin. Wie Stadtdirektor Wolfgang Nolte auf Nachfrage des Tageblattes sagte, hätten beide Schulleiter bei einem Treffen mit Eltern an der Janusz-Korczak-Schule angemeldeter Kinder, zu dem die Stadt als Schulträger eingeladen hatte, Flexibilität zugesichert. Selbst nach Beginn des neuen Schuljahres sei demnach eine Ummeldung nicht ausgeschlossen. Eltern können sich direkt an die Schulen wenden.

Die erstmalige Öffnung der St. Elisabeth-Schule für Nicht-Katholiken, zu der sie als konfessionelle Angebotsschule nicht verpflichtet werden kann, zielt darauf ab, sich an der Integration ausländischer Kinder in Duderstadt zu beteiligen (Tageblatt berichtete). Von den sechs nicht-katholischen Kindern sollen vier ausländische oder ausgesiedelte und zwei deutsche sein. Gegenüber dann knapp sechs Prozent an der St.-Elisabeth-Schule, hätte die Janusz-Korczak-Schule in den ersten Klassen statt 38 immer noch 33 Prozent Ausländerkinder. Sie bliebe mit der von 39 auf 33 Kinder gesunkenen Schülerzahl aber auf jeden Fall noch zweizügig.

Statt des "vier plus zwei"-Schlüssels sechs Ausländerkinder aufzunehmen, käme einer etwas gleichmäßigeren Verteilung zwischen den Schulen näher. Hier werden aber rechtliche Bedenken wegen der dann festgeschriebenen Ungleichbehandlung deutscher Nicht-Katholiken geltend gemacht. Seitens der Janusz-Korczak-Schule wiederum wurde wiederholt als einzig akzeptable Lösung vertreten, die Schulen zusammenzulegen. Dem müßten jedoch die Eltern von 50 Prozent aller Kinder beider Schulen zustimmen.

Sollten die Eltern ausländischer Erstklässler die vier angebotenen Plätze an der St. Elisabeth-Schule nicht in Anspruch nehmen, ist ausdrücklich ausgeschlossen, daß diese durch deutsche Nicht-Katholiken "aufgefüllt" würden. Dies würde einer Entlastung der Janusz-Korczak-Schule zuwider laufen, deren Ausländeranteil noch weiter stiege.

Daß die beiden Plätze für deutsche Nicht-Katholiken auch dann besetzt würden, falls die vier für ausländische Kinder mangels Nachfrage ungenutzt blieben, ist ebenfalls nicht gewollt. "Ich würde dringend davon abraten, die Situation auf diese Weise weiter zu verschärfen", entgegnete Stadtdirektor Nolte.

Eingespielt am 26.01.00

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